Papst Franziskus: Apostolisches Schreiben Christus vivit, Nr. 255-257
Deine Berufung besteht nicht bloß in der Arbeit, die du zu tun hast, auch wenn sie sich darin ausdrückt. Sie ist mehr, sie ist ein Weg, der viele Anstrengungen und Tätigkeiten auf das Dienen hin lenkt. Daher ist es bei der Beurteilung einer Berufung wichtig zu sehen, ob jemand in sich selbst die Fähigkeiten entdeckt, die für diesen besonderen Dienst an der Gesellschaft notwendig sind.
Das verleiht diesen Aufgaben größeren Wert, weil sie aufhören, eine Summe von Tätigkeiten zu sein, die man verrichtet, um Geld zu verdienen, eine Arbeit zu haben oder den anderen zu gefallen. All das stellt eine Berufung dar, weil wir gerufen sind, weil es mehr ist als eine rein pragmatische Entscheidung unsererseits. Im Grunde bedeutet es anzuerkennen, wofür ich gemacht bin, wozu ich auf dieser Welt bin, welcher der Plan des Herrn für mein Leben ist. Er wird mir nicht alle Orte, Zeiten und Details zeigen, die ich klug aussuchen muss; es gibt aber in meinem Leben eine Richtung, die Gott mir zeigen wird, weil er mein Schöpfer ist, mein Töpfer. Ich muss auf seine Stimme hören, um mich von ihm formen und führen zu lassen. Dann werde ich sein, was ich sein soll, getreu meiner eigenen Wirklichkeit.
Um die eigene Berufung zu erfüllen, muss man alles, was man ist, entwickeln, wachsen lassen und fördern. Es geht nicht darum, sich selbst zu erfinden oder sich selbst aus dem Nichts zu erschaffen, sondern sich selbst im Lichte Gottes zu erkennen und das eigene Sein zum Blühen zu bringen: »Nach dem Plan Gottes ist jeder Mensch berufen, sich zu entwickeln; denn das ganze Leben ist eine Berufung.« Deine Berufung hilft dir, dein Bestes zur Ehre Gottes und zum Wohl der anderen herauszuholen. Es geht nicht einfach darum, etwas zu tun, sondern es mit Sinn und Ziel zu tun. Diesbezüglich sagte der heilige Alberto Hurtado den jungen Menschen, dass sie sehr ernst auf den Kurs ihres Lebens bedacht sein müssen: »Auf einem Schiff wird ein nachlässiger Steuermann unverzüglich entlassen, weil er mit einer zu großen Verantwortung spielt. Und in unserem Leben, geben wir da auf den Kurs acht? Welcher ist dein Kurs? Sollte es nötig sein, diese Gedanken noch mehr zu vertiefen, bitte ich einen jeden von euch, dem Kurs höchste Wichtigkeit beizumessen. Denn den Kurs halten bedeutet einfach Erfolg haben; darin fehlgehen heißt einfach scheitern.«